Rheumatologische Erkrankungen
Kollagenosen
Antiphospholipid-Syndrom
Antiphospholipid-Syndrom (APS, Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom): Erkrankung mit wiederkehrenden Thrombosen und Embolien, häufigen und neurologischen Komplikationen bei nachweislich vorhandenen Antiphospholipid-Antikörpern im Blut. Die Krankheit kann isoliert auftreten (primäres APS) oder im Zusammenhang mit anderen Autoimmunkrankheiten (sekundäres APS), am häufigsten mit dem systemischen Lupus erythematodes.
Der Verlauf der Erkrankung ist variabel, angefangen von einer einmaligen geringfügigen Venenthrombose bis hin zu tödlichen Lungenembolien oder Schlaganfällen.
Frauen erkranken fünfmal häufiger als Männer, oft im mittleren Lebensalter. Das Antiphospholipid-Syndrom ist eine der häufigsten Ursachen für Schlaganfälle bei jungen Menschen. Die Prognose orientiert sich an der Lage und der Häufigkeit der Gefäßverschlüsse.
Leitbeschwerden
Die Beschwerden hängen davon ab, welches Gefäß verschlossen ist:
- Schwellung eines Beins mit ziehendem Schmerz (tiefe Beinvenenthrombose)
- Plötzliche Atemnot mit stechendem atemabhängigen Schmerz in der Brust (Lungenembolie)
- Plötzliche Lähmung einer Körperseite oder Sprachstörungen bei jungen Menschen (Schlaganfall)
- Krampfanfall, Migräne
- Baumartig verzweigte bläuliche Hautzeichnung, kleine Einblutungen unter den Finger- oder Zehennägeln
- Wiederholte Fehlgeburten in den letzten beiden Dritteln der Schwangerschaft.
Die Erkrankung
Namensgebend für das APS sind die Antiphospholipid-Antikörper. Sie reagieren mit einem Eiweiß, das an der Blutgerinnung beteiligt ist. Dadurch kommt es zu Blutgerinnseln, die die Adern und Venen verschließen und zu einer Unterversorgung oder Infarkten im betroffenen Gewebe führen. Manchmal tritt auch ein Mangel an Blutplättchen auf (Thrombozytopenie).
Thrombosen können sowohl in Venen als auch in Arterien auftreten. Am häufigsten sind Beinvenenthrombosen und Lungenembolien, seltener kommen Thrombosen in Armen, Nieren, Leber und den Augenvenen vor. Arterielle Thrombosen entstehen am häufigsten in den Arterien des Gehirns und führen zu Schlaganfällen, selten auch zu Krampfanfällen, Migräne oder Demenz.
Das macht der Arzt
Die Therapie bei thrombotischen Komplikationen orientiert sich am jeweiligen Symptom: Nach Beinvenenthrombosen, Schlaganfällen oder Herzinfarkten muss die Blutgerinnung herabgesetzt werden. Häufig wird Phenprocoumon (Marcumar®) eingesetzt – ein Medikament, das die Bildung von Gerinnungsfaktoren in der Leber unterdrückt und so die Häufigkeit weiterer Thrombosen vermindert.
Mischkollagenose
Mischkollagenose (MCDT, Mixed Connective Tissue Disease, Sharp-Syndrom, Überlappungs-Syndrom, Overlap Syndrome, undifferenzierte Kollagenose): entzündliche Autoimmunerkrankung mit Merkmalen und Beschwerden
- eines systemischen Lupus erythematodes,
- einer Sklerodermie,
- einer Poly- oder Dermatomyositis und
- eines Sjögren-Syndroms.
Ein Teil der Patienten entwickelt im Verlauf das Vollbild einer der genannten Kollagenosen, meist einer Sklerodermie. Bei anderen Patienten bleibt langfristig das gemischte Beschwerdebild bestehen.
Polymyositis und Dermatomyositis
Polymyositis (PM): Entzündliche Autoimmunerkrankung der Muskulatur mit symmetrisch auftretenden Muskelentzündungen, betrifft vor allem die Oberschenkel- und Oberarmmuskeln.
Dermatomyositis (DM): Polymyositis mit Beteiligung der Haut an lichtexponierten Körperstellen.
Beide Erkrankungen treten bevorzugt im Alter zwischen 45 und 60 Jahren auf und betreffen zu 70 % Frauen. Die Krankheit verläuft unterschiedlich, meist schreitet sie aber langsam und schubweise voran. Durch eine mehrjährige Kortisontherapie kann etwa die Hälfte der Patienten geheilt werden.
Leitbeschwerden
- Muskelkaterartige Schmerzen
- Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Fieber, Gewichtsverlust
- Schwierigkeiten beim Aufstehen, Hinsetzen und beim Treppensteigen
- Probleme beim Armheben, Kämmen, Zähneputzen
- Schwierigkeiten beim Schlucken.
Bei Dermatomyositis zusätzlich:
- Schwellung der Oberlider, weinerlicher Gesichtsausdruck
- Schuppende, entzündliche Hautrötungen, typischerweise von violetter Farbe, in Gesicht oder Ausschnitt
- Schuppende Hautrötungen über den Streckseiten der Fingergrund- und Mittelgelenke, an Ellenbogen, Knie und Knöchel
- Hautverhärtungen, Pigmentstörungen und Schleimhautentzündungen.
Die Erkrankung
Bei beiden Erkrankungen kommt es zur großflächigen Entzündung und dann zum Zerfall von Muskelfasern. Die Ursache dieser Autoimmunkrankheiten ist unbekannt. Diskutiert werden eine genetische Veranlagung und verschiedene Viren. Bei 20 % der Betroffenen löst ein völlig anderer Mechanismus, nämlich Krebs (als paraneoplastische Symptome) die Krankheit aus. Kann er vollständig entfernt werden, verschwindet auch die Myositis.
Das macht der Arzt
Bei einer symmetrischen Schwäche der Schulter- und Beckenmuskulatur denkt ein erfahrener Arzt sofort an die richtige Diagnose. Ergeben sich bei Laboruntersuchungen typische Befunde einer Muskelentzündung (erhöhte CK), wird der Verdacht bestätigt. Manchmal ist ein EMG (Elektromyografie) oder eine Biopsie zur Diagnosesicherung sinnvoll. In jedem Fall muss der Arzt nach einem bösartigen Tumor suchen.
In der Regel spricht die Krankheit gut auf eine Behandlung mit Kortison (z. B. Prednisolon) an. Bessern sich die Beschwerden, wird die Kortisondosis unter Kontrolle der Laborwerte schrittweise reduziert. Die Beschwerden bilden sich aber auch unter optimaler Therapie nur langsam zurück.
Bei schweren klinischen Symptomen empfiehlt sich ein Basistherapeutikum wie Azathioprin. Wirksam sind auch hochdosierte Immunglobuline (IVIG). Die Schäden an der Muskulatur können durch regelmäßige Krankengymnastik gemildert werden.
Sjögren-Syndrom
Sjögren-Syndrom (Sjögren-Erkrankung, primäres Sicca-Syndrom): chronisch voranschreitende Autoimmunerkrankung aus der Gruppe der Kollagenosen. Sie stört die Funktion der exokrinen Drüsen, insbesondere der Tränen- und Speicheldrüsen, häufig sind weitere Organe beteiligt. Mit einer Erkrankungshäufigkeit von ~ 2 % ist das Sjögren-Syndrom die zweithäufigste entzündliche rheumatische Systemerkrankung. 90 % der Betroffenen sind Frauen im Alter von 30–50 Jahren. Das primäre Sjögren-Syndrom (70 % der Fälle) ist zwar nicht heilbar, schreitet aber nur langsam fort.
Bei 30 % der Patienten tritt die Erkrankung im Zusammenhang mit anderen Autoimmunerkrankungen auf (sekundäres Sjögren-Syndrom), häufig bei Rheumatoider Arthritis (40 %), systemischem Lupus erythematodes (20 %), systemischer Sklerodermie (30 %), aber auch bei primär biliärer Zirrhose (50 %), Multipler Sklerose und Hashimoto-Thyreoiditis. Hier dominieren die Beschwerden der Grunderkrankung.
Leitbeschwerden
- Trockene, tränende und juckende Augen, Fremdkörpergefühl im Auge
- Trockener Mund, Schwierigkeiten beim Schlucken, Kekse essen unmöglich
- Unerklärliches Fieber, starke Müdigkeit, Abgeschlagenheit
- Speicheldrüsenschwellung
- Trockene Nase mit Borkenbildung, trockener Husten
- Schwellung der Halslymphknoten
- Gelenk- und Muskelschmerzen.
Wann zum Arzt
In den nächsten Tagen zum Augenarzt oder Internisten, wenn die Augen sich ohne plausible Ursache, z. B. starker Wind, trocken und rau anfühlen, gerötet sind oder tränen.
In den nächsten Wochen, wenn der Mund ungewöhnlich trocken ist.
Die Erkrankung
Die genaue Ursache des Sjögren-Syndroms ist unbekannt. Man weiß jedoch, dass hormonelle Faktoren, genetische Veranlagung, Umwelteinflüsse und verschiedene Immunmechanismen eine Rolle bei der Krankheitsentstehung spielen. Im Lauf der Erkrankung wandern durch die fehlgerichtete Immunreaktion Lymphozyten in die Drüsen ein und verdrängen das gesunde Gewebe, so dass die Sekretproduktion allmählich erlöscht.
Bei der primären Krankheitsform sind anfänglich vor allem die Tränen- und Speicheldrüsen beeinträchtigt. Dadurch kommt es zu chronischen Bindehautentzündungen (Sicca-Syndrom), Karies und Parodontitis, Mundgeruch sowie Schwierigkeiten beim Kauen und Schlucken. Die trockene Nasenschleimhaut mindert den Geruchs- und Geschmackssinn, zudem drohen häufige Infektionen im gesamten Rachenraum. Selten sind später auch die Schweißdrüsen betroffen. Dann wird die Haut schuppig und trocknet aus, eine trockene Vagina führt zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und ist anfällig für Pilzinfektionen. In seltenen Fällen greift das Sjögren-Syndrom auch auf den Magen-Darm-Trakt oder das Nervensystem über. Die Folge sind chronische Magenschleimhautentzündungen bzw. Gefühls- und Bewegungsstörungen.
Die Krankheit ist zwar belastend, schreitet aber nur selten weiter fort. Die meisten Patienten haben eine normale Lebenserwartung (außer beim sekundären Sjögren-Syndrom, bei dem die Grunderkrankung die Lebenserwartung bestimmt). Jeder 10. Sjögren-Patient leidet allerdings unter einer anhaltenden Vergrößerung der Lymphknoten (Lymphadenopathie), die gelegentlich nach Jahren in Lymphknotenkrebs (Non-Hodgkin-Lymphom) übergeht.
Das macht der Arzt
Meist führen die typischen Augen- und Mundsymptome den Arzt bei der Diagnose auf die richtige Spur. Der Augenarzt oder Rheumatologe misst die Tränenmenge durch den Schirmer-Test. Auch die Menge des Speichels wird bestimmt ((Sialometrie) als krankhaft gilt ein unstimulierter Speichelfluss von weniger als 1,5 ml pro 15 Minuten. Bei Bedarf zeigt eine Gewebeprobe aus der Mundspeicheldrüse (Unterlippenbiopsie), wie schwer die Speicheldrüsen erkrankt sind. Charakteristisch für die Diagnose des Sjögren-Syndroms ist der Nachweis von SS-A- und SS-B-Antikörpern (früher als Ro- und La-Antikörper bezeichnet).
Die langsame Zerstörung der Drüsen lässt sich nicht aufhalten, auch nicht mit Therapien, die das Immunsystem unterdrücken. Beim Sjögren-Syndrom ist daher nur eine symptomatische Therapie möglich. Gegen die Trockenheit der Augen helfen künstliche Tränen. Bei Hornhautschäden sollten nächtliche Augenverbände und Salben (z. B. Borsalbe) aufgelegt werden. Speichel lässt sich weniger gut ersetzen: Hier hilft nur häufiges Trinken in kleinen Schlucken, bei manchen Patienten wirkt das künstliche Speichelpräparat Artisal®. In schweren Fällen versucht der Arzt, mit Pilocarpin die Drüsenfunktion anzuregen. Weitere allgemeine Maßnahmen unter "Selbsthilfe".
Die häufig als Begleiterscheinung vorliegenden Pilzinfektionen der Mundhöhle werden mit Nystatin behandelt. Wenn Gelenkschmerzen auftreten, geben die meisten Rheumatologen Chloroquin (Resochin®) oder andere Basistherapeutika. Bei schwerwiegenden systemischen Beteiligungen kommt Kortison zum Einsatz.
Beim sekundären Sjögren-Syndrom richtet sich die Behandlung nach der Grunderkrankung.
Selbsthilfe
Befeuchtung der Schleimhäute. Am wichtigsten ist ausreichend zu trinken, mindestens 2 Liter pro Tag! Versuchen Sie es mit kleinen Schlucken Zitronenwasser, (zuckerfreien) Kaugummis oder auch Lutschern – das hilft, die Speichelproduktion am Laufen zu halten. Kauen Sie Ihre Mahlzeiten gut durch. In Innenräumen ist die Zimmerluft ausreichend zu befeuchten, besonders während der Heizperiode. Vermeiden Sie Wind, Wärmestrahlung und Klimaanlagen, sie trocknen die Augen aus. Verwenden Sie nachts Augensalben anstatt künstlicher Tränen, sie wirken deutlich länger und sorgen für einen ruhigeren Schlaf. Bei einer trockenen Scheide helfen Scheidengele oder nach der Menopause östrogenhaltige Salben.
Besondere Pflege und Vorsorge. Unerlässlich ist eine regelmäßige und gründliche Zahnpflege: Sie fördert zum einen den Speichelfluss und schützt zum anderen vor Karies und Mundpilzinfektionen, die bei verminderter Speichelproduktion schneller auftreten. Schützen Sie die Haut mit fetthaltigen Lotionen. Wegen der allgemein erhöhten Infektionsgefahr sollten Sie im Zweifelsfall lieber einmal mehr zum Arzt gehen und auch nicht zögern, Antibiotika einzusetzen. Gehen Sie alle 3–6 Monate zum Augenarzt und besprechen Sie mit ihm die Augenprobleme.
Einige Tipps helfen bei trockenen Augen:
- Meiden Sie Zugluft, verrauchte Räume und staubige Luft
- Achten Sie auf eine ausreichende Luftfeuchtigkeit zuhause und am Arbeitsplatz
- Trinken Sie ausreichend! Empfohlen werden mindestens 2,5 Liter Flüssigkeit pro Tag
- Tragen Sie im Sommer und an windigen Tagen eine Sonnenbrille, eventuell mit Seitenschutz (Fahrradbrille)
- Für die Nacht haben sich Kühlkompressen und die Anwendung einer Heilsalbe (z. B. Bepanthen®-Augensalbe) bewährt.
Medikamente. Wenn Sie Medikamente einnehmen, bringen Sie diese zu jedem Arztbesuch mit, auch zum Augenarzt, denn viele Arzneimittel (vor allem Psychopharmaka) haben als Nebenwirkung ganz ähnliche Beschwerden.
Ruhepausen. Typisch für alle Kollagenosen ist eine bleierne Müdigkeit – gönnen Sie sich den Mittagsschlaf und kleine Ruhepausen zwischendurch.
Ernährung. Manche Patienten profitieren von einer ausgewogenen Ernährung sowie dem Verzicht auf Kaffee und schwarzen oder grünen Tee.
Komplementärmedizin
Homöopathie. Die Homöopathie empfiehlt eine individuell abgestimmte Konstitutionstherapie.
Akupunktur. Es liegen Erfahrungsberichte vor, wonach mit Akupunktur eine Linderung der Beschwerden erzielt werden kann.
Weiterführende Informationen
- www.sjoegren-syndrom.de – Überregionale Internetseite mit fachärztlicher Unterstützung. Mit zahlreichen Informationen, Dialog mit Ärzten, Forum und Veranstaltungskalender.
- R. I. Fox: Das Sjögren Syndrom – Ein Ratgeber für Patienten. Hilft, Diagnose und Behandlung des Sjögren-Syndroms besser zu verstehen. Internetfassung, als PDF herunterzuladen unter www.sjoegren-erkrankung.de/content/view/23/59.
Sklerodermie
Sklerodermie (systemische [System-] Sklerose, SS, progressive Systemsklerose PSS): Chronische Autoimmunerkrankung und Kollagenose mit Verdickung und Verhärtung der Haut, mit oder ohne Beteiligung innerer Organe (z. B. Speiseröhre, Lunge, Nieren oder Herz). Frauen erkranken etwa sechsmal häufiger als Männer. Der Erkrankung beginnt meist zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr.
Über 90 % der Sklerodermie-Patienten leiden unter dem sekundären Raynaud-Syndrom an allen Fingern außer dem Daumen, selten auch an Zehen, Ohren, Nase oder im Mundbereich.
Leitbeschwerden
- Bei Kälte oder Stress plötzliches Weißwerden einzelner oder mehrerer Finger
- Allgemeine Müdigkeit und unerklärliche Mattigkeit, Fieber, Gewichtsabnahme
- Schluckbeschwerden, Sodbrennen
- Atemnot.
Hautveränderungen:
- Verhärtungen der Haut am Körperstamm oder an den Extremitäten
- Schmerzlose Wasseransammlungen an Händen und Füßen
- Engegefühl der Haut, Gefühl als sei der Körper „eingemauert“
- Gesichtsveränderungen, Mund wird kleiner
- Stippchenförmige, durch die Haut hindurch schimmernde Kalkspritzer.
Die Erkrankung
Bei der Sklerodermie gehen Störungen des Gefäßsystems, des Immunsystems und des Bindegewebsstoffwechsels einher mit einer gesteigerten Sekretion und Einlagerung von Bindegewebefasern (Kollagen) in die Haut. Die Ursache ist unklar, eine genetische Veranlagung wird angenommen. Diskutiert werden als Krankheitsauslöser sowohl Chemikalien (wie organische Lösungsmittel, Benzin, Quarzstaub oder Formaldehyd) als auch bestimmte Medikamente (Bleomycin, Pentazocin).
Der Arzt unterscheidet zwei Formen, die systemische und die kutane (hautbetonte) Form:
- Die systemische Sklerodermie breitet sich über den gesamten Körper und das Gesicht aus, innere Organe sind früh und ausgeprägt beteiligt. Die Hautveränderungen führen im Gesicht zu einer maskenhaften Starre und Verkleinerung der Mundöffnung (Mikrostomie). Die Haut ist gequollen, aber zugleich straff und verhärtet. Besonders an den Fingern kommt es zu Kontrakturen, zur Sklerodaktylie, einer durch die Bindegewebe- und Hautveränderungen bedingten verfestigten Gelenkstellung. Relativ früh und bei der Hälfte der Patienten ist die Speiseröhre betroffen: Ihre Wand wird zunehmend starr, Schluckbeschwerden, Sodbrennen und Speiseröhrenentzündungen durch Zurücklaufen von Magensaft sind die Folge. Als zweithäufigstes Organ ist die Lunge betroffen, in Form einer Lungenfibrose mit trockenem Husten und Atemnot. Das zunehmende Bindegewebe versteift die Lunge und behindert das Einatmen. Außerdem wird die rechte Herzkammer überlastet und geschwächt. Je nach Beteiligung von Herz und Lunge kann die Lebenserwartung verkürzt sein.
- Bei der milderen kutanen Sklerodermie beschränken sich die Hautveränderungen im Wesentlichen auf Hände und Füße bis zu den Grundgelenken, innere Organe sind kaum beteiligt. Typisch sind narbenartige, gutartige Bindegewebeneubildungen, die auf die Haut und das unter der Haut liegende Gewebe begrenzt sind (Morphea). Die Prognose ist gut.
Das macht der Arzt
Diagnosesicherung. Typische Verhärtungen an Fingern und Zehen sowie das Raynaud-Syndrom sprechen für eine Sklerodermie. Weitere Untersuchungen sichern die Diagnose: Dazu zählen der Nachweis von antinukleären Antikörpern (ANA), Hautbiopsie, Begutachtung der Kapillaren am Nagelbett, Ösophagus-Breischluck, Speiseröhrendruckmessung bei vermuteter Beteiligung der Speiseröhre und ein Röntgenbild der Lunge. Die Nierenbeteiligung zeigt sich durch Bluthochdruck, einen erhöhten Kreatininwert im Blut und Eiweiß im Urin.
Therapie. Die Therapie der systemischen Sklerodermie ist schwierig und versucht vor allem die Zerstörung von Lunge und Nieren zu unterbinden. Oft verlangsamen Kortison und Cyclophosphamid (Endoxan®) das Fortschreiten der Lungenschäden bei einer Lungenfibrose. Gegen Gelenkschmerzen werden nichtsteroidale Antirheumatika eingesetzt (z. B. Diclofenac in Voltaren®). Bei starken Gelenkschmerzen und -schwellungen hilft niedrig dosiertes Kortison.
Die Therapie des Raynaud-Syndroms bei Sklerodermie ist oft schwierig. Kalziumantagonisten (z. B. Nifedipin) oder nitrathaltige Salben können helfen, die Durchblutung zu steigern. Bei drohenden Nekrosen verordnet der Arzt Infusionen mit Prostaglandinanaloga.
Durchblutungsfördernde Maßnahmen (Thermalbäder) und entstauende Lymphdrainagen helfen. Besonders wichtig sind krankengymnastische Dehnungsübungen, um Bewegungseinschränkungen der Gelenke durch die schrumpfende Haut vorzubeugen.
Selbsthilfe
Einige einfache Maßnahmen helfen Betroffenen, mit den Symptomen besser zurecht zu kommen:
Hautpflege und Kleidung. Das zunehmende Spannen der Haut lässt sich durch ölhaltige Bäder, Duschcremes und regelmäßiges Eincremen der Haut mit fetthaltigen Lotionen etwas mildern. Beim Raynaud-Syndrom sollten Sie die Hände in jeder Alltagssituation möglichst warm halten. Gut passende, weiche Schuhe (hinten eng und vorne weit) und weite Kleidung helfen, schlecht heilende Druckstellen zu vermeiden.
Essen und Trinken. Bei Schluckstörungen zum Essen viel trinken, gut kauen und vor allem bei Refluxkrankheit nicht direkt nach dem Essen hinlegen, da dies vermehrt Magensäure in die Speiseröhre zurückfließen lässt. Verteilen Sie das Essen auf viele kleine Mahlzeiten und vermeiden Sie fettes Essen am Abend. Verzichten Sie möglichst auf Genussmittel wie Kaffee, schwarzen Tee, Alkohol und Schokolade.
Gymnastik. Zur Erhaltung der Beweglichkeit tragen gymnastische Übungen bei, z. B. Dehnen nach dem Aufstehen und nach Wärmeanwendungen oder auch Gymnastik im warmen Wasser.
Zahnpflege. Bei trockenem Mund oder erschwerter Mundöffnung auf intensive Zahnpflege achten, da hier vermehrt Karies auftritt, zwischendurch helfen zuckerfreie Kaugummis oder kleine Schlucke Wasser, am besten mit Zitronensaft.
Weiterführende Informationen
- www.sklerodermie-selbsthilfe.de – Sklerodermie Selbsthilfe e. V., Heilbronn: Mit Kontaktadressen, Fachinformationen und einem Selbsthilfe-Forum. Unter der Rubrik Informationsmaterial kann die Broschüre „Sklerodermie: was ist das?“ für 1 € Schutzgebühr bestellt werden.
- www.scleroliga.de – Scleroderma Liga e. V., Karlsruhe: Umfangreiche Informationen, Forum, anmeldepflichtiger Mitgliederbereich.
Systemischer Lupus erythematodes
Systemischer Lupus erythematodes (SLE, Schmetterlingsflechte, Lupus visceralis, Lupus disseminatus): Chronische Autoimmunkrankheit mit Befall zahlreicher Organe und unterschiedlichsten Verlaufsformen. Die häufigsten Symptome sind unklare Fieberschübe, Gelenkbeschwerden und Hautveränderungen. Die ~ 35 000 Betroffenen in Deutschland sind zu 90 % weiblich, das bevorzugte Erkrankungsalter liegt um die 30 Jahre.
Da sowohl die Schwere des Befalls einzelner Organe als auch der Verlauf stark variieren, sprechen manche Ärzte davon, dass die Krankheit „würfelt“: chronisch schubförmige, seltener auch kontinuierlich fortschreitende Verläufe, der Wechsel der betroffenen Organe – alles ist möglich. Manchmal heilt der SLE sogar aus.
Medikamentös induzierter Lupus erythematodes: Durch Medikamente ausgelöste Sonderform, z. B. durch bestimmte Antibiotika, Antiepileptika, Antirheumatika, Psychopharmaka, Thyreostatika und Antihypertensiva. Die Symptome verschwinden nach Absetzen der Medikamente. Viele dieser Medikamente sind mittlerweile nicht mehr gebräuchlich, daher ist der medikamentös induzierte Lupus selten geworden.
Die Erkrankung
Beim Lupus erythematodes ist die Immunregulation gestört. Die Erkrankung bricht oft während oder nach einer Schwangerschaft aus, die Einnahme der Pille kann die Erkrankung fördern und nicht selten verschwindet sie nach der Menopause wieder. Äußere Faktoren wie UV-Strahlen (Sonnenbäder) sorgen nicht nur für Hautveränderungen, sondern können auch Schübe auslösen. Für eine genetische Veranlagung spricht die Häufung in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen, in Asien tritt die Erkrankung doppelt, in Afrika sieben- bis achtmal so häufig auf wie in Europa.
Fast immer fühlen sich die Patienten müde, krank und abgeschlagen oder haben Fieber. Dazu kommen weitere organspezifische Beschwerden und Befunde:
- Hauterscheinungen (insgesamt 90 %): an sonnenlichtexponierten Stellen Rötungen, Hornhautverdickungen und Pigmentstörungen. Bei 50 % der Patienten zeigt sich die typische schmetterlingsförmige Hautrötung im Gesicht (Schmetterlingserythem). 20 % haben ein sekundäres Raynaud-Syndrom. Aber auch Symptome wie kreisrunder, meist bestehen bleibender Haarausfall oder Mundschleimhautentzündungen treten auf. Manchmal befällt der Lupus erythematodes ausschließlich die Haut. Häufig sind dann nicht einmal im Blut die sonst typischen Autoantikörper zu finden (diskoider Lupus erythematodes, auch bekannt als Hautlupus und kutaner Lupus erythematodes).
- Gelenkprobleme (90 %): Meist morgens schmerzhafte, geschwollene Gelenke v. a. im Knie- und Handbereich, häufig sind die Sehnenscheiden mitbefallen. Die Gelenke werden nicht zerstört.
- Blutbildveränderungen mit Blutarmut (also Mangel an roten Blutkörperchen), aber auch Leuko- und/oder Thrombozytopenie (Mangel an weißen Blutkörperchen bzw. Blutplättchen).
- Rippenfellentzündungen (50 %) mit wiederkehrenden starken Schmerzen beim Atmen.
- Eine Glomerulonephritis (45 %) oder andere Entzündung der Niere (45 %).
- Herzbeutel-, gelegentlich auch Herzmuskel- oder Herzinnenhautentzündungen (40 %).
- Verschiedene Störungen des zentralen Nervensystems (30 %): Dazu zählen Krampfanfälle und Psychosen, starke Kopfschmerzen, die häufig auch einen neuen Schub ankündigen, Depressionen, Störungen von Merkfähigkeit und logischem Denken.
Das macht der Arzt
Diagnosesicherung. Da die Symptome stark variieren, ist eine sichere Diagnose in frühen Stadien nur zusammen mit Laborbefunden möglich. Im Blut nachgewiesen werden gering erhöhte Entzündungswerte sowie antinukleäre Antikörper (ANA) und deren Untergruppen (ds-DNS-AK). Um eine Nierenentzündung zu erkennen, wird der Urin auf Eiweiß untersucht (Proteinurie). Bei nachgewiesener Proteinurie hilft eine Nierenbiopsie, das Ausmaß der Schädigung zu beurteilen.
Therapie. Eine Heilung ist grundsätzlich nicht möglich, Ziel der Behandlung ist vielmehr, die Schübe zu verhindern oder wenigstens abzukürzen, die Beschwerden zu lindern sowie dauerhafte Organschäden zu vermeiden. Besonderes Augenmerk gilt dem Erhalt der Nierenfunktion. Aufgrund des kaum vorhersehbaren Verlaufs ist die Kontinuität der ärztlichen Betreuung und das Vertrauensverhältnis zwischen Rheumatologen und Patient besonders wichtig.
Die medikamentöse Therapie folgt dem Grundsatz, „so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig“:
- Bei geringer Krankheitsaktivität (ohne Organbeteiligung) kommen viele Patienten lange Zeit mit nichtsteroidalen Antirheumatika wie Diclofenac (z. B. Voltaren®) aus. Die Antimalariamittel Chloroquin (Resochin®) oder Hydroxychloroquin (Quensyl®) und/oder Kortison sind bei ausgeprägten Hautveränderungen und Gelenkbeschwerden notwendig.
- Bei mittlerer Krankheitsaktivität (ohne Beteiligung von Herz, zentralem Nervensystem oder Nieren) wird der immunsuppressive Wirkstoff Azathioprin (Imurek®) eingesetzt.
- Wenn lebenswichtige Organe wie Nieren, Lunge, Gehirn oder Rückenmark bedroht sind, wird hoch dosiert Kortison sowie Cyclophosphamid (Endoxan®, ein relativ gut verträgliches Zytostatikum), eingesetzt, Letzteres häufig als Infusion. Reichen auch diese Medikamente nicht aus oder werden nicht vertragen, stehen weitere Zytostatika wie Methotrexat (Lantarel®), Cyclosporin (Sandimmun®), Mycophenolat oder hoch dosierte Immunglobuline zur Verfügung.
Selbsthilfe
Die Konsequenzen der Krankheit für die Betroffenen sind unterschiedlich. Die meisten Patienten sind im täglichen Leben wenig beeinträchtigt, für andere ist der Lupus so einschneidend, dass volle Berufstätigkeit nicht mehr möglich ist und im Haushalt Hilfe benötigt wird.
Um Verzweiflung und Resignation keine Chance zu geben, sind drei Dinge wichtig:
- Lernen Sie Ihre Krankheit verstehen. Ratgeber können helfen. Wenn eine Selbsthilfegruppe in der Nähe ist, nehmen Sie Kontakt auf.
- Finden Sie den Arzt Ihres Vertrauens und arbeiten Sie konsequent mit ihm zusammen. Das heißt vor allem, dass Sie die vereinbarten Medikamente einnehmen. Wenn Sie das nicht mehr in der bisherigen Dosierung wollen, besprechen Sie es vorher offen mit Ihrem Arzt. Nehmen Sie die Kontrolltermine wahr, gerade Nierenprobleme merken Sie selbst nicht. Sie riskieren sonst bleibende Schäden bis hin zu Organzerstörungen. Gehen Sie bei Verschlimmerungen, aber auch bei Beschwerden, die Sie nicht mit Ihrem Lupus in Verbindung bringen, zum Arzt. Die Symptome beim Lupus sind so vielgestaltig, dass es besser ist, den Rheumatologen einmal zu viel als zu wenig um Rat zu fragen.
- Machen Sie die Sonne zu Ihrem Feind: Schübe werden leicht von Sonnenstrahlen ausgelöst. Und wenn es nicht anders geht, verwenden Sie Sunblocker mit Lichtschutzfaktor 60 (sie werden nicht mehr von den Krankenkassen übernommen). Weitere Schubauslöser sind die Pille sowie psychische und physische Belastungen. Viele Patienten reagieren auch empfindlich auf Medikamente, z. B. auf Lokalanästhetika beim Zahnarzt.
Weiterführende Informationen
- www.dgkl.de Suchbegriff Lupus – Ärztliche Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des Systemischen Lupus erythematodes.
- www.lupus-rheumanet.org – Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft e. V., Wuppertal: Informative und sorgfältig verfasste Internetseite.
- M. Schneider: Lupus erythematodes. Steinkopff, 2004. Ausführlicher und aktueller fachärztlicher Ratgeber.
Was sind Kollagenosen?
Als Kollagenosen bezeichnet man in der Medizin entzündliche rheumatologische Erkrankungen, bei denen der Befall des Bindegewebes das auffälligste Kennzeichen ist.
Zur Gruppe der Kollagenosen im engeren Sinne gehören das Sjögren-Syndrom, die systemische Sklerodermie, die Poly-/Dermatomyositis, die Mischkollagenose, der systemische Lupus erythematodes und das Antiphospholipid-Syndrom.
Die Ausprägungen und Verläufe der Krankheiten sind unterschiedlich, teilweise treten auch Mischformen auf. Im Blut lassen sich häufig antinukleäre Antikörper nachweisen (Leitbefunde: ANA und ENA, extrahierbare nukleäre Antikörper).